Der vorliegende Forschungsbericht wurde einmal 1999 an der Gesellschaft fur pädagogische Philosophie referiert, dann verbessert oder ergänzt und hier als Aufsatz auf Deutsch formuliert. Herbarts Schultheorie war im 19. Jahrhundert als eine Pädagogik der Staatsschule wirksam, wurde im Anfang 20. Jahrhundert unter der Bewegung der Reformpädagogik als intellektualistisch kritisiert und nach dem Zweiten Weltkrieg als Hauslehrerpädagogik neu interpretiert. Der Grund, warum Herbarts Pädagogik solche gegenseitig widersprüchlichen Deutungen erhielt, liegt darin, dass bislang Herbarts Schulkritik und Schultheorie nicht genau untersucht wurde. J.F.Herbart entwickelte während seiner Königsberger Zeit (1809-1833) Vorstellungen für ein Didaktisches Institut und ein Pädagogisches Seminar, in dem Studierende zu Lehrern ausgebildet werden sollten, die ihren Beruf weder als Hauslehrer in den Familien noch als Lehrer im Dienste des Staates ausüben, sondern im Bereich der „freien Pädagogik" den erziehenden Unterricht in die Praxis umsetzen können. Außerdem war er als Mitglied der preußischen Reformen mit dem Problem der Erziehung und der Schule beschäftigt, versuchte dann die Verpflanzung der „freien Pädagogik" in die Schule und forderte seine ideale Schule. Wenn Herbart positiv über „Schule" sprach, behielt er immer nicht Staatsschule im Kopf, sondern eine Schule, in der „freien Pädagogik" verkörpert werden. Wenn man Herbarts Pädagogik interpretiert, sollte man diesen Gesichtspunkt als Grundlage des Nachdenkens verstehen.