In diesem Aufsatz beziehe ich mich auf Theodor W. Adornos Die Idee der Naturgeschichte. In diesem Vortrag führt er Georg Lukács´ Theorie des Romans und Walter Benjamins Ursprung des deutschen Trauerspiels an und versucht, die Entgegensetzung von Natur und Geschichte in der Philosophie zu relativieren. Gegen Ende des Aufsatzes möchte ich ausgehend von Adornos Problembewusstsein die Diskussion über die Modernität der Romanform überprüfen.
Um den Begriff der Naturgeschichte zu erörtern, zitiert Adorno die Motive der „zweiten Natur“ bei Lukács und „der Vergängnis“ bei Benjamin. In der Theorie des Romans analysiert Lukács die epische Literatur geschichtsphilosophisch. Dabei sieht er den modernen Roman für die unvollkommenen Form im Vergleich zum klassischen Epos an. Die Ursache dafür erblickt Lukács in der Beziehung zwischen Subjekt und Objekt im Werk, d. h. zwischen Ich und Welt. Als ein Moment, das im Roman diese Dissonanz verursacht, wird die „zweite Natur“ formuliert. In dieser „zweiten Natur“, in der das geschichtliche Leben zur naturhaften Unveränderlichkeit erstarrt ist, erblickt Adorno eine Seite der Naturgeschichte.
Andererseits analysiert Benjamin in Ursprung des deutschen Trauerspiels die Funktion der Allegorie, die das barocke Trauerspiel bestimmt, im Vergleich zum Symbol. Der allegorische Ausdruck ist von der Zeitsituation abhängig, in der er entstanden ist, weshalb die eigentliche Bedeutung im Lauf der Zeit verwittert. Demgegenüber stellt das Symbol eine überzeitlich existierende Bedeutung vor. Dabei bezeichnet Benjamin die im allegorischen Ausdruck enthaltene Geschichtlichkeit mit dem Wort der „Vergängnis“. Adorno findet in dieser „Vergängnis“ eine andere Seite der Naturgeschichte, d. h. den Augenblick, in dem die Natur zur Geschichte sich verändert.
Aus dieser naturgeschichtlichen Perspektive versuche ich, die Modernität des Romans, die Lukács in der Theorie des Romans kritisch betrachtet, im positiven Sinn zu bestimmen. Zugleich möchte ich seine klassizistische Haltung problematisieren.