Im vorliegenden Aufsatz handelt es sich um Syntax und Semantik der Existentialausdrücke im Deutschen wie z.B. sein, da sein, es gibt und PP+sein+Lokatum (Lokativsatz). Weil das Verb sein sowohl als Existenzverb wie auch als Kopula fungiert, ist es manchmal schwer festzustellen, welche Bedeutung sein in der jeweiligen Konstruktion hat. Daher soll genau überprüft werden, wann und wo sein als Existenzverb verwendet wird. Vor allem geht es darum zu erklären, warum sich die absolute Verwendung von sein nur auf unikale Objekte wie Gott beschränkt (1). Bei da ist ist es jedoch durchaus möglich, die temporäre Existenz eines Objekts an einem bestimmten Ort auszusagen (2). Auch in einem lokativen Satz, in dem eine mit einer Präpositionalphrase (PP) ausgedrückte Lokation und ein Lokatum vorkommen, liegt der existentiale Gebrauch von sein vor, weshalb es gibt unakzeptabel ist (3). Schließlich kommt es gibt vor allem in Kontexten vor, in denen nicht die Existenz eines extensionalen Objekts, sondern eher die über Welt und Zeit hinausgehende Existenz eines intensionalen Objekts ausgedrückt wird:
(1) a. Gott ist. b. *Ein Gespenst ist. c. Ich denke, also bin ich.
(2) Da ist eine Katze (im Garten). (da als Expletiv)
(3) a. Auf dem Tisch ist ein Buch. b. ??Auf dem Tisch gibt es ein Buch.
(4) Es gibt zwei deutsche Staaten. Es gibt die Verpflichtungen der vier Mächte. (...) Es gibt den europäischen Prozeß. (...) (Archiv der Gegenwart, 2001, DWDS Korpus)
(5) Und später in der Stube beim Anblick eines Laufstalls: Guck mal, hier gibt es ein Kinder-Gefängnis! (Google-Suche)
In diesem Aufsatz wird der obige Befund im Rahmen der Generativen Syntax und der Mögliche-Welten-Semantik untersucht. Das intransitive Existenzverb sein kommt im Hauptsatz deshalb beschränkt vor, weil das Deutsche eine Verbzweitsprache ist, in der eine Phrase ins Vorfeld und das finite Verb an die zweite Stelle des Satzes gerückt werden, so dass das Mittelfeld leer bleibt ( [CP Gott [C' ist] [TP Gott ist]]). Das sein gilt im lokativen Satz als existential, da die Lokation (PP) das Lokatum in einem räumlich-temporären Zustand lokalisiert. Im Gegensatz dazu stellt es gibt die Existenz einer abstrakten Eigenschaft eines Objekts, die im Äußerungskontext dem Sprecher unerwartet vorkommt (5), oder die permanente bzw. dauerhafte Existenz eines abstrakten (oder auch konkreten) Objekts (4) dar.