Lessing und C. F. Weiße besuchten als Freunde die Neuber’sche Schauspieltruppe in Leipzig und wetteiferten in den 1740er Jahren im Komödienschreiben. Die Übertragung von Petroniusʼ „Matrone von Ephesus“ aus dem Satyricon nahmen sie beide zum Thema. Hier wird ihre Technik bei der Dramatisierung der „Matrone von Ephesus“ vergleichend betrachtet und ihre Eigentümlichkeit klargemacht. Im Original klagt eine tugendhafte Witwe am Grabmal heftig über den Tod ihres Mannes. Ein junger Soldat kommt, zeigt Mitleid mit der Witwe und bringt Essen und Wein. Die Frau wird intim mit ihm. Der Leichnam eines verurteilten Räubers wird vom Kreuz gestohlen. Weil er es nicht verhindert hat und deshalb bestraft werden wird, will sich der Soldat das Leben nehmen. Die Witwe schlägt vor, ihren toten Mann an das Kreuz zu hängen. Petronius stellte in diesem Werk die Flatterhaftigkeit der Frau satirisch, dekadent dar.
Der 18-jährige Weiße hat 1744 die Geschichte in einen Einakter mit 9 Auftritten in Alexandrinern übertragen. Die Anfangsszene beginnt mit dem Klagelied der Witwe. Antiphila bringt ihr Leid am Sarg zum Ausdruck. Ihre Sklavin tröstet sie. Die Handlung ist sehr ähnlich wie bei Petronius, aber der Charakter der Personen ist tugendhafter und ernsthafter. Die Witwe bietet die Leiche ihres Mannes an, um den grausamen Tod ihres Lebensretters zu verhindern. Weiße zeigte geschickt die Treue der Witwe. Die rührenden Reden haben den Zweck, dem Publikum Tränen zu entlocken. Die Schlussszene hat die Tendenz zur rührenden Komödie.
Lessing hinterließ drei Entwürfe für „Die Matrone von Ephesus“. Zur Schwierigkeit der Dramatisierung erklärte er in der „Hamburgischen Dramaturgie“ (1767), dass so ein „beißendes Märchen“ für das realistische Theater nicht ganz passen könnte. Er schrieb seine Entwürfe stufenweise. Der Form nach war es ein Einakter mit vier handelnden Personen. Der grobe Diener ist der Träger der Komik. Sein Bericht vom Diebstahl des Leichnams ist eine Lüge. Lessing vermied ein grausames Ende. Der zweite Entwurf hat ein erweitertes Szenario mit acht Auftritten. Den dritten Entwurf plante er zur Aufführung und die Dialoge oder Monologe sind ausführlicher. Zwei Dienerfiguren sind fröhlich. Antiphila jammert nicht so heftig. Lessing verstärkte den edlen Charakter des Offiziers. Es stellt sich heraus, dass er ein Freund ihres Mannes ist. Es dauert noch, bis die Liebe zum Happy-End kommt. Mittlerweile verlor Lessing die Lust an diesem Stück. H. B. Nisbet weist zutreffend darauf hin, dass hier die Satire von Anfang bis Ende menschenfreundlich und gutmütig ist. 1770 begegnete Lessing der Witwe Eva König und heiratete sie 1776. Nach dem Erfolg von „Minna von Barnhelm“ (1767) konnte er sich nicht mehr mit kleinen Übertragungen zufriedengeben.