Friederike Caroline Neuber (1697-1760) ist die bekannteste Prinzipalin in der deutschen Theatergeschichte. Dennoch ist es nicht so bekannt, dass sie ca. 20 originelle Vorspiele schrieb. Hier sollen die Theaterreform mit Neuberins Vorspielen und neue Versuche ihrer Truppe betrachtet werden. Als 1727 Caroline und Johann Neuber ihre eigene Komödiantengesellschaft in Leipzig gründeten, näherte sich Gottsched der Neuber Truppe, um seine Idee der Theaterreinigung zu verwirklichen. Um den Unterschied zur konkurrierenden Müller Truppe deutlich zu machen, verzichtete die Neuberin auf den Harlekin. Ihre Truppe zeigte bevorzugt die französischen klassizistischen Stücke. Ihre Tätigkeit lag in der Wanderschaft mit den Privilegien. Goethe schilderte Neuberins Wanderbühne in Wilhelm Meisters Theatralische Sendung (1777). Der Filmregisseur G. W. Pabst verfilmte Neuberin und ihre Truppe in Komödianten (1941).
Ein Deutsches Vorspiel (1734) stellte das Reformprogramm der Neuber Truppe dar. Sie folgte der Gottschedschen Theorie, aber Neuberin war innerlich in Verwirrung. Das zweite Vorspiel Die von der Weisheit wider die Unwissenheit beschützte Schauspielkunst (1736) zeigt den Unterschied zwischen dem erhabenen und dem verdorbenen Geschmack. In der Rolle vom Pöbel wird der Geschmack des Publikums satirisch dargestellt. In der Vorrede des dritten Vorspiels Die Verehrung der Vollkommenheit durch die gebesserten deutschen Schauspiele (1737) äußerte Neuberin mit Stolz, mit Passion und Wissenschaft die deutschen Schauspiele zu verbessern. Es ist einerseits ein theatralisches Manifest, aber anderseits nichts als ein aufklärerisches Stück. Fischer-Lichte deutet darauf hin, dass solche Programme in ihren Vorspielen mit dem Programm des bürgerlichen Illusionstheaters nicht vereinbar seien. Es ist bemerkenswert, dass die Neuberin in ihrer Kernidee immer ein Schäferspiel konzipierte und statt des Harlekins die lustige Dienerfigur Mops im Vorspiel hatte.
Reden-Esbeck weist darauf hin, dass ein gemeinsames Leben in der Neuber Truppe fast wie in einer Schauspielschule wäre. Es ist eine Wiegezeit für die jungen Schauspieler, damit ihre Berufslage in der Gesellschaft allmählich verbessert werden konnte. Neuberins Antrieb und neue Versuche in Vorspiel und Schauspielkunst zeigen schon, dass sie eine leidenschaftliche Vermittlerin der aufklärerischen Idee war.