Was für eine Bedeutung hatte die zionistische bzw. nationaljüdische Bewegung für die deutschen Juden im Kaiserreich, die solche Tendenz und Gedanken hatten, im Emanzipationsprozeß die Assimilation unkritisch zu bejahen und dafür als gleichberichtigte Staatsbürger bezeichnet zu werden. In dieser Abhandlung wird der Anlaß für die Entstehung der zionistischen bzw. nationaljüdischen Bewegung Deutschlands im plötzlichen Zunehmen der ostjüdischen Auswanderung vom 80er Jahren v. Jh. gesucht und der Organisierungsprozeß dieser Bewegung in Deutschland unter den 3 Zeitspannen [80er Jahren, die erste Hälte der 90er Jahren und danach bis zur Entstehung der Zionistischen Vereinigung für Deutschland (ZVfD)] geteilt und analysiert.
Die sich bei der Gründung zur ZVfD zusammenfügenden Leute hatten sich selbst keine Absicht, nach Palästina auszuwandern, obwohl sie sich der Gründung einer jüdischen Heimstätte widmeten. Für sie wäre der gewünschte Judenstaat die Zufluchtsstätte für die ostjüdischen Flüchtlinge, die Quelle der Würde und des Einheitsgefühls als Juden und gleichzeitig ein Versuch für die Widerlegung der antisemitischen Agitation durch die Gründung des jüdischen Bauernstandes in Palästina.
Gegenüber den Leuten, die als "deutsche taatsbürger jüdischen Glaubens" ihr eigenes Judentum negativ sahen und versteckten, behaupteten sie, daß es sich nie einander widersetzen, Angehöriger des jüdischen Volkes zu sein und gleichzeitig echter, deutscher Staatsbürger zu sein. Das bedeutet ein Widersprechen gegen den Gedanken, daß die Judenheit in der Diaspora, und besonders nach der Emanzipation, nur die Religionsgemeinschaft sei. Und deswegen war die Entstehung der ZVfD in einem Sinne ein Versuch, ihr seit dem Emanzipationsprozeß nur negativ bezeichnetes Judentum wieder positiv zu schätzen und zu schonen.