In diesem Aufsatz werden die Werke „Die Geschwister“ und „Wilhelm Meisters Lehrjahre“ miteinander verglichen und diskutiert. Sowohl in „Die Geschwister“ als auch in „Wilhelm Meisters Lehrjahre“ geht es um ein Liebesdreieck (Wilhelm, Marianne und Fabrice im Einakter und Wilhelm, Mariane und Norberg im Roman). Goethe verfasste die beiden Werke ungefähr zur gleichen Zeit.
Tanaka (1999) beschrieb „Wilhelm Meisters Lehrjahre“ als eine Geschichte, in der Wilhelm und Mariane zwischen Liebe und Geld hin- und hergerissen sind. Die genannten Figuren stehen also in einem Dreiecksverhältnis. Mariane bekommt Geld von Norberg, ihrem Schirmherrn. Norberg gibt sich als Beschützer Marianes, wohingegen Wilhelm und Mariane einander lieben. Mariane muss sich zwischen Norbergs Geld und der Liebe Wilhelms entscheiden. Sie entscheidet sich schließlich für Wilhelm, den sie wirklich liebt. Die Liebe ist also in dem Dreiecksverhältnis in „Wilhelm Meisters Lehrjahre“ stärker als das Geld.
Auch in „Die Geschwister“ gibt es eine Liebesdreieck. Marianne hat bis gegen Ende des Stücks nur Fabrice Auswahl. Fabrice lässt Marianne indirekt Geld zukommen. Marianne hingegen gibt Wilhelm „Liebe“. Und Wilhelm gibt Marianne „Geld“, er kommt für ihre Lebenshaltungskosten auf. Wenn sie hinsichtlich „Liebe“ und „Geld“ so verhalten wie in „Wilhelm Meisters Lehrjahre“, dann wird Marianne sich für Wilhelm entscheiden.
Das Ende von „Wilhelm Meisters Lehrjahre“ ist unglücklich. Andererseits hat das Ende von „Die Geschwister“ ein Happy End. Ob die Liebesbeziehung Wilhelms scheitert oder nicht, hängt von seiner finanziellen Basis ab. Der Wilhelm in „Die Geschwister“ ist weniger sparsam als dieselbe Figur in „Wilhelm Meisters Lehrjahre“. Wilhelm wirkt im Einakter entschlossener, mit größerem Engagement für die Liebe. Dieses Ergebnis entspricht auch dem Kontext, in dem Goethe „Wilhelm Meisters Lehrjahre“ schrieb, als er sein Alter Ego im Roman als angehenden Schauspieler darstellte.