Von der Publikation der Abhandlung Schellings („Darstellung meines Systems der Philosophie" 1801) wurde die philosophische Freundschaft zwischen Fichte und Schelling entzweigeschlagen. Es war nicht mehr möglich, ihre philosophische Freundschaft wiederherzustellen. Denn Schelling ist in seiner Abhandlung über Fichtes ,Ich' hinausgegangen. Dagegen übt Fichte an Schelling Kritik in „Zur Darstellung von Schellings Identitätsysteme" (1801). In unserer Abhandlung haben wir den Standpunkt der Schelling-Kritik Fichtes aufgeklärt.
Nun faßt Schelling die Vernunft als ,totale Indifferenz des Subjektiven und Objektiven' auf. Dann folgt er aus der Natur dieser Vernunft, daß es die absolute Identität gebe. Aber diese absolute Identität schließt Nicht-Identität oder das Endliche aus. Sie ist eleatisches ,Eins'. Ohne Abstraktion der Reflexion können wir damit diese Identitat nicht erhalten. Darum kritisiert Fichte scharf diese Identität als ,vorausgesetzte Substanz'. Diese Substanz kann nicht sich von sich selbst nicht begründen, weil sie kein Prinzip der Differenzierung hat. Das Absolute in Schellings System ist nicht das denkende Subjekt, sondern doch die objektivierte Substanz. Und Fichte heißt dieses Absolute ,Polyphem ohne Auge' (Fichte: „Vorarbeiten gegen Schelling" 1801). Dieses Wort bedeutet das sich seiner selbst nicht bewußte Absolute, bzw. Spinozas Substanz.
Aber Fichtes Schelling-Kritik ist gleich Schellings Spinoza-Kritik in „Ideen zu einer Philosophie der Natur" (1797). Wir können auch bestätigen, daß Schelling im Rahmen des ,Ichs' Fichtes immer noch in „System des transzendentalen Idealismus" (1800) geblieben ist. Daher scheint uns Schellings Umkehrung plötzlich zu geschehen. Schelling hat doch das absolute Ich als Gott oder das Absolute aufgefaßt, wenn er zuerst Fichtes Philosophie aufnimmt. Wir können folglich vermuten, daß er von Anfang an den Ansatz zur Umkehrung (nach Spinoza) gehabt hatte.
Endlich trifft Fichtes Spinoza-Kritik in „Wissenschaftslehre 1794" auch auf Schellings Identität-system zu. Sie entbehrt des Momentes des Selbstbewußtseins. Wir können damit behaupten, daß Fichtes Schelling-Kritik die epistemologische Notwendigkeit habe.