In diesem Aufsatz geht es um Figur des Studenten in der deutschen Literatur um das Jahr 1800. Zunächst kann man feststellen, dass die Literatur über Studenten bis etwa 1750 in Fachkreisen nur wenig behandelt wurde. Aber besonders in Bezug auf das 19. Jahrhundert wird das Thema Student „ausgespart oder [ist] zumindest nur sehr dürftig vertreten“. Andererseits erreicht der Studentenroman vom 19. bis zum beginnenden 20 Jahrhundert, besonders nach dem „Vormärz“; einen Höhepunkt. Diese wissenschaftliche Lücke der Zwischenzeit ist auffällig. Deshalb habe ich im vorliegenden Aufsatz Studentenfiguren aus literarischen Werken um 1800 gewählt und interpretiert.
Im Lenz’ Drama „Der Hofmeister“ spielen der leichtsinnige Student Pätus und der großherzige Fritz, die unter dem Einfluss der Vorstellungen stehen, die sich das 17. u. 18. Jahrhundert von den Studenten machten, eine handlungsleitende Rolle.
Die Studenten in „Halle und Jerusalem“ sind relativ grob und wild, aber sie werden stärker mit psychischen Bewegungen geschildert, als es im „Hofmeister“ der Fall ist.
In Eichendorffs Roman „Ahnung und Gegenwart“ tritt ein Student auf, der dem Klischeebild entsprechend fleißig ist, aber – ebenso typisch – durch die Liebe herabgezogen wird. Der Erzähler deutet an, dass es eine Kluft zwischen Studium und täglicher Arbeit gibt.
Die Prager Studenten von „Aus dem Leben eines Taugenichts“ sind lebenslustig und optimistisch, aber sie passen nicht in das in der Erzählung beschriebene Zeitalter, sodass man vermuten kann, dass sie mit idealisierenden Vorstellungen Eichendorffs gestaltet wurden.
Den Gestaltungen dieser Studenten ist gemeinsam, dass sie niemals das vernünftige Benehmen an den Tag legen, das eigentlich an der Universität gefördert werden soll. Und im Vergleich zum „Hofmeister“ werden psychische und soziale Hintergründe komplexer und vielfältiger beschrieben. Dies scheint der Grund „für den Abbruch der Studien zum literarischen Studenten (...), der auffälligerweise mit dem Aufkommen realistischer Theorien zusammenfällt“: vor dem historischen Hintergrund ist zu verstehen, dass die Studenten um das Jahr 1800 den Außenseiter-Charakter gegen das Bürgertum reduzieren und sich der Gesellschaft annähern. Dabei bekommen die literarischen Figuren zugleich einen vielfältigeren und spezifischeren Charakter, als dies in früheren und auch in späteren Studentenromanen der Fall ist.