ドイツ文学論集 41 号
2008-10 発行

ベル『そして何もいわなかった』試論 : 住みえない世界から住みうる世界への転換点

木本 伸
全文
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DoitsuBungakuRonshu_41_5_Kimoto7.pdf
Abstract
Die Studien über Heinrich Böll befinden sich nun im neuen Wandel: Seine Briefe aus der Kriegszeit erschienen im Jahr 2002, was besonders seinen früheren Texten ein Licht wirft: Biefe aus dem Krieg, 2 Bd. Kiepenheuer u. Witsch, 2002. Seit demselben Jahr beginnt auch die Herausgabe der ersten historischkritischen Gesamtwerke: Kölner Ausgabe, Kiepenheuer u.Witsch, 2002-. Darauf basierend erscheinen jetzt ständig Monographien über ihn. Außer dieser Domänie Germanistik merkt man jedoch im grossen Publikum immer weniger Interesse an diesem Nobelpreisträger für Literatur. Der Grund liegt wohl darin, dass die Szenen wie Kriegsfronten, Nachkriegs- oder Aufschwungszeit, auf denen seine Literatur spielt, von zeitgenössischen Situationen überholt werden. Man soll sich doch fragen, inwieweit der Autor denn an seinen geschilderten Zeitsituationen die Problematik der Moderne, die heute noch herrscht, durchschaut hat. Dieser Blick zur Modernität wird ihm noch mögliches Überleben schenken. Für Prüfstein dazu bietet sich der Roman Und sagte kein einziges Wort (1953) an. Er galt damals nach der Veröffentlichung im Publikum einerseits als ein Buch vom „banalen Wohnungsproblem“, über das damals öffentlich viel diskutiert wurde, da hier ein Ehepaar als Hauppersonen, das wegen ihrer Wohnungsenge getrennt lebt, hervortritt. Andererseits gab es jedoch auch einen Kritiker wie Hans Richter, der dieses Werk mit der Bemerkung „Meisterstück in der Nachkriegsliteratur“ auszeichnete. Die beiden Arten der Einschätzungen, die sich in deren Richtungen zu widersprechen scheinen, überbrückt der Begriff „Wohnen“ bzw. „Heimat.“ In Frankfurter Vorlesungen weist Böll darauf hin, dass in der Nachkriegsliteratur der BRD keine einzige bewohnbare Landschaft dargestellt werde, weil die Autoren sie nirgendswo gefunden haben. Die Mission Bölls bestand also darin, in dieser unbewohnbaren Landschaft literarisch bewohnbaren Ort zu schaffen. Der Held Fred findet keinen Ort, wo er sich ruhig fühlen könnte. Er stellt sicherlich eine Figur der „transzendentalen Obdachlosigkeit“ in der Nachkriegssituation dar, die nach Lukacs in Theorie des Romans die lieterarische Moderne kennzeichnen soll. In diesem Romantext setzt sich der Autor also mit der Problematik der Heimatlosigkeit in der Moderne auseinander. Die Heimatlosigkeit, unter der das Ehepaar Bogner leidet, bestimmt auch strukturell den Aufbau des Romans: Der Text besteht eben aus 13 Kapiteln, in deren geraden der Ehemann Fred und in deren ungeraden Kapiteln die Ehefrau Käte aus der jeweiligen Perspektive für sich hin erzählt. Das macht bei Lesern nachdrücklich den Eindruck von der schmerzlichen Zerrissenheit ihres Ehelebens, das eigentlich unter einem Dach zusammen geführt werden will. Dabei erleidet sie Fred mehr, der aus dem Haus geflohen in der Stadt herumirrt. Der Roman beginnt mit seinem Monolog beim Lohnerhalten am Samstagsmittag (1.Kap) und kommt mit seinem Entschluß „nach Hause“ zum Schluß (13Kap). Es geht hier also um den seelischen Vorgang dieses bei einem Kirchenbehörde als Telefonist arbeitenden Mannes von der Heimatlosigkeit zur Heimkehr. Währenddem wartet seine Frau Käte mit ihren drei Kindern ausdauernd zu Hause auf ihren Mann. Im Gegensatz zu ihm erscheint sie fast so wie die alles hinnehmende heilige Mutter, deren Lebensweise allmählich einen positiven Einfluß in der Beziehung zu Mitmenschen auf ihn ausübt. Es soll in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen werden, dass das aus dem Romantext entwickelte Radiodrama Ein Tag wie sonst in der Urfassung mit dem Titel Ich begegne meiner Frau betitelt war. Der Ehemann im Radiotext bekehrt sich also zur lebensaffirmativen Auffassung, damit er an einem „Tag wie sonst“ seiner eignen Frau doch im neuen Licht begegnet. Gefragt nach dem Grund der Heirat gibt der Romanheld Fred die Antwort, „ich war auf der Suche nach jemand, mit dem ich mein Leben lang frühstücken konnte.“ Für ihn stellt seine Frau vor allem „eine großartige Frühstückspartnerin“ dar. In einem gemeinsamen Essen symbolisiert sich meistens bei Böll die menschliche Beziehung. Denn sogar prächtiges Gericht schmeckt in einer peinlichen Lage nicht gut, während eine magere Kost die herzliche Liebe von Anbieter ausdrücken kann. Zu fragen ist darum, was ihn immer noch seiner Familie entfremdet. Die Wohnungsenge ist für ihn nur nach außen hin Probleme. Käte überzeugt ihn darum in einem Hotelzimmer, „es liegt gar nicht an der Wohnung.“ Was ihn an der Heimkehr hindert, ist ja nichts anderes als sein Minderwertigkeitsgefühl, das sich in der Aufschwungsgesellschaft negativ verdoppelt. Denn die Armut lässt sich nicht nur materiell ermessen, sondern vielmehr gesellschaftspsychisch definierbar. In jedem Kapitel des Romans, der in der Vorzeit des Wirtschaftswunders spielt, sind die Geldsachen wie Lohnempfang, Geldausleihe, Mietenzahlen usw. mehrfach dargestellt. Dabei bemerkt man sofort eine merkwürdige Sauberkeit von denen, die ökonomisch überlegen sind: Der Kassierer hat z.B. „die sauberen Hände“ und zählt „die Scheine auf die Marmorplatte.“ Der Vorgesetzte von Fred ist kennzeichnet mit der „tadellose[n] Weiße seines Kragens“ und der „Präzision, mit der der violette Rand über die Soutane hinaussieht.“ Eine führende Dame in der Kirchengemeinde verfügt in der Wohnung über kostbare „Möbel, an die wöchentlich acht Stunden lang der Schweiß einer Putzfrau verschwendet wird.“ Diese Möbelstücke bezeichnet Käte mit dem Wort: „diese ganz tödliche Sauberkeit.“ Zu dieser sauberen Tödlichkeit trägt wohl das Nivellieren von Substanz zu finanziellen Funktionen wie Arbeiter und Verbraucher, Käufer und Verkäufer, Waren und Abfall, was in der ökonomisch fortschrittenen Gesellschaft fast unvermeidlich vorkommt. Denn die Herabsetzung von Substanz zu Waren muss jenem sozusagen Seinstiefe wegnehmen. Hinter der scheinbaren Sauberkeit verbirgt sich die Fortschrittsdenkweise im Wirtschaftsmilieu, die Fred intuitiv den „Puppen mit ihrem falschen Optimismus“ im Schaufenster anmerkt. Der Optimismus der Warenwelt macht ihm jedoch wegen der Wegnahme jener Seinstiefe die Stadt unbewohnbar: Der Romanheld muss dort nur ziellos umherirren. Trotzdem kann er auch nicht nach Hause kommen, weil ihm das schöne Scheinbild der Stadt eben seine Armut und Familienmisere immer stärker bewußt macht. Er wird folglich mit jedem Schritt „in den tödlichen Kreislauf“ hineingezogen. Nach einer Nacht im Hotelzimmer geniesst Fred aber ein gemeinsames Frühstück mit Käte in einer Imbißstube, deren intime Atmosphäre ihnen irgendwie Seinsnahe erfahren lässt. Am Mittag findet er seine Frau in der Stadt wieder. Sie geht mit Blumen in der Hand in die menschenllose Kirche hinein, um für ihre toten Kinder zu beten. Sie bringt ihnen nur Wiesenblumen dar, weil sie immer wieder davon träumt, wie die früh gestorbenen Kinder unschuldig auf Wiesen spielen. Im Grünen ist alles Seiende als solches angenommen, ohne nach irgendeiner Nützlichkeit abgeschätzt zu werden, wie es in ökonomischen Verhältnissen geschehen muss. Vor dem Anblick seiner Frau kommt Fred doch zur Einsicht, dass er auch genauso wie Wiesenblumen auf Erden akzeptiert wurde, und entscheidet sich nach Hause. Man sollte hier Paul Tillich zu Rat ziehen, um seine Entscheidung aus religiöser Hinsicht besser zu verstehen. Der Theologe steht in seinem Buch The courage to be den modernen Menschen zur Seite, die verzweifelt dem Nihilismus ausgesetzt sind: „One could say that the courage to be is the courage to accept oneself as accepted in spite of being unacceptable.“ Mit „the courage to be“ gemeint ist nach der deutschen Übersetzung „der Mut zum Sein,“ nämlich das Bejahen des Seins. Fred entdeckte letzten Endes die „Wiesen“ als Heimatsmetapher, wo er als solcher akzeptiert wird, um nach Hause zurückzukommen. Aus dieser Sicht des Seinsbejahens kann doch wohl auch das Scheinbild der Stadt als illusionär durchschaut werden.
内容記述
本論は日本独文学会春季研究発表会(2007年6月10日,東京大学)および日本独文学会中国四国支部研究発表会(2007年11月10日,徳島大学)で口頭発表した内容に加筆訂正したものである。
権利情報
(c) 日本独文学会中国四国支部