In den 1730er Jahren in Leipzig setzte Gottsched eine Theaterreform durch. Unter seiner Leitung schrieben junge Dramatiker die sächsischen Typenkomödien, in denen die schlechten Charaktere des Bürgertums satirisch dargestellt sind, um die Zuschauer moralisch zu bessern. Johann Elias Schlegel war einer der Schüler in Gottscheds Salon und schrieb „Der geschäfftige Müßiggänger“ (1743). Christian Felix Weiße war der populärste Komödienschreiber in der späten Aufklärungszeit. Seine Komödien in den 1760er und 1770er Jahren gehörten eher zur anderen, rührenden Komödie. Darunter soll „Amalia“ seine beste Komödie gewesen sein. In diesem Beitrag sollen die Dramentechnik von „Der geschäfftige Müßiggänger“ als sächsische Typenkomödie und „Amalia“ als rührende Komödie vergleichend betrachtet werden. Ich möchte dabei das Ziel des Theaters und den Sinn der Komödie besonders ins Blickfeld rücken.
J. E. Schlegel ging damals nach Dänemark und beschäftigte sich mit der Theaterreform dort. Sein Grundgedanke ist die Idee origineller Dramengattungen. Für jedes Volk gebe es ein eigenes Theater. Lessing schätzte Schlegels Theateridee sehr hoch, aber er meinte, Schlegels „Der Triumph der guten Frauen“ sei besser als „Der geschäfftige Müßiggänger“. Die Handlung der letzten Komödie „Der geschäfftige Müßiggänger“ ist stark strukturiert aufgebaut: fünf Aufzüge mit 44 Auftritten und 15 Personen. Die Hauptperson Fortunat ist ein fauler Rechtsanwalt. Statt zu arbeiten beschäftigt er sich lieber mit mehreren Hobbys. Dieser extreme Kontrast verwirrt die anderen Menschen. Er verliert schließlich die Stelle des Ministersekretärs und seine Braut Lieschen. Der Übermut Fortunats wird verspottet und verlacht. Schlegel schilderte das Alltagsleben des Bürgertums wirklichkeitsgetreu.
C. F. Weiße studierte später als Schlegel in Leipzig und er distanzierte sich von der Gottschedschen Schule. Auf einen Rat Lessings schrieb Weiße „Amalia“ von einer Tragödie in eine rührende Komödie um. Einige Auftritte enthalten jedoch noch die Spuren der tragischen Stimmung. Die Verkleidungsintrige von Amalia ist ein dramaturgisch-technisches Merkmal dieser Komödie. Freemann und Sophie zeigen lasterhafte Seiten, dennoch werden sie von Amalia weder kritisiert noch verspottet. Sie zeigt Mitleid für Sophies Einsamkeit, weil sie sich vom eigenen Kind getrennt in Bristol aufhalten muss. Amalia verliert ihren Hass und zeigt am Ende mütterliche Toleranz, worauf W. Lukas insbesondere hinweist. Sie rettet den ehemaligen Geliebten und ihre Liebesrivalin Sophie aus der Unordnung. Es geht nicht mehr um Satire, sondern um Freundschaft und rührende Rede in Weißes Stücken der späten Aufklärung. Frei von Gottscheds Theorie enthält Weißes „Amalia“ mehrere Monologszenen und reiche Gefühlsausdrücke. Die empfindsamen rührenden Reden ziehen die Handlung in die Länge. Weißes Technik ermöglicht es, dass er Dramen, die gerade in Mode sind, schnell in seine Stücke einbeziehen kann. Seine Komödie zeigt mehr unterhaltsame Situationen als Schlegels Komödie.
Laut der Aufführungsdokumente der Ackermann-Truppe wurde damals Voltaire mit 95 Aufführungen am meisten gespielt. C. F. Weiße liegt mit 69 Aufführungen auf Rang 2, dann folgen Destouches, Molière und Goldoni. Lessing ist sechsten mit 45 Aufführungen, gefolgt von J. E. Schlegel mit 44. Diesen Theaterdokumenten kann man entnehmen, dass das deutsche Publikum immer noch französische Dramen bevorzugte, und dass die deutschen Stücke von Weiße, Lessing und J. E. Schlegel ein sehr populäres Repertoire geworden waren.