広島ドイツ文学 15 号
2001-03 発行

ベル『ムルケの沈黙収集』試論 : 近代都市における不安と実存

Bölls “Doktor Murkes gesammeltes Schweigen” : Über Angst und Existenz in der modernen Stadt
木本 伸
全文
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Abstract
Die Hauptfiguren in den Werken von Heinrich Böll sind meist die normalen Menschen in der Zeit des Aufschwungs nach dem Krieg, die wider den Strom der Zeit mit Mühe ihr Leben führen. Es wird aber ihnen im Text ein entscheidender Augenblick wie ein Blickwechsel mit einer göttlichen Frau geschenkt, bei dem sie sich religiös gerettet fühlen können. Diese Momente im Text brechen oft in der Peripherie von Macht und Wissen wie in einem Café oder einer Kirche aus. Je mehr die Peripherie jedoch durch die Industrialisierung der Stadt beseitigt wird, desto schwerer läßt sich der Ort für jene Augenblicke finden. Wie kann man also im Lärm der Stadt gerettet werden? Böll hat sich daher in den 50er Jahren mit dem Problem des Stadtlebens beschäftigt: Ein Produkt davon stellt “Doktor Murkes gesammeltes Schweigen”(1955) dar.  

Der Rundfunkredakteur Murke fährt jeden Morgen den Aufzug des Funkhauses bis zur Kehre und zurück. Während der viereinhalb Sekunden in der Umstellung des Aufzugs wird er jedes Mal “voller Angst” ergriffen. Ohne diese “existentielle Turnübung” wird er aber tagsüber im Büro gereizt und unzufrieden. Diese Turnübung wird daher im Text auch als “Angstfrühstück” Murkes charakterisiert. Wie sich in der rationell senkrechten Bewegung des Aufzugs zeigt, ist das Gerät vor allem zum effizienten Transportieren bestimmt. Im Wendepunkt von oben nach unten leistet es aber eigentlich keine Arbeit. Diese in ökonomischer Hinsicht zwecklosen viereinhalb Sekunden rufen Murkes Angst hervor. In dieser Aufzugsszene weist der Autor also andeutungsweise auf die unnützen (doch für Murke unentbehrlichen) Momente für das der Effizienz erlegene Stadtleben hin.  

Der Autor läßt dann im Text den Essayisten Bur-Malottke auftreten. In der Figur von Bur-Malottke, der einen großen Einfluß auf den Journalismus ausübt, verkörpert sich die Geistessituation der 50er Jahre. Der Intendant des Funkhauses beauftragt Murke einmal mit der Überarbeitung der Reden Bur-Malottkes, der wünscht, daß das Wort “Gott” durch die Formulierung “jenes höhere Wesen, das wir verehren” ersetzt werde. “Jenes höhere Wesen” legt aber im Grunde den “großen Bur-Malottke” selber und seine Gesinnung dar. Was ihn charakterisiert, ist in erster Linie das große Gerede, das mittels Rundfunk und Publikationen die Welt überschwemmen will. Der Erfolg des Essayisten hat auch mit der “Sage von seiner Pünktlichkeit” zu tun: Er produziert Reden und Bücher so unaufhörlich wie eine Maschine. Die Produkte der Meinungsmaschine wirken jedoch nicht so harmlos wie ihr Aussehen, denn Böll zufolge können “die meinungsbildenden Maschinen (…) es[Wort] ausspucken wie ein Maschinengewehr seine Geschosse.”  

Wo kann man überhaupt in so einer Situation weiterleben? Murkes Hobby ist es, freie Tonbandschnipsel mit Schweigen zu sammeln. Schweigen stellt heutzutage fast das einzige dar, das man ökonomisch nicht verwenden kann. Böll nennt es doch im positiven Sinne “Humor”, “das von der Gesellschaft abfällig Behandelte in seiner Erhabenheit darzustellen”. Weiter spricht er von jenem “Gran Humor, das allein das Weiterleben auf dieser Erde möglich macht”. Mit Abfällen zu vergleichen ist im Text natürlich nur das Schweigen. Dies besteht aber nicht sachlich, sondern hat “wenigstens zu einem Gran metaphysische Qualität”(Böll), die allein von der Einbildungskraft wahrgenommen werden kann. Im Lärm des Stadtlebens verbirgt sich vielleicht das Schweigen der metaphysischen Qualität. Denn der Schweigensammler “Murke” besteht anagrammatisch immer im Schwätzer “Bur-Malottke”. Die Stadt läßt sich somit verfremden, indem das Schweigen als Erhabenes in ihr entdeckt wird.
内容記述
本論は日本独文学会春季研究発表会(2000年6月11日,東京都立大学)での発表原稿にもとづき,これに加筆したものである。
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