広島ドイツ文学 Issue 10
published_at 1996-03-15

初期ニーチェの自然描写 : 「教育施設の将来」における「荒々しい自然」と「静かな自然」

Die Naturbeschreibung beim frühen Nietzsche : die stürmische Natur und die ruhige Natur in der "Zukunft unserer Bildungsanstalten"
Kimoto Shin
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Abstract
Im Jahr 1872, als sein Erstling "Geburt der Tragödie" in die Öffentlichkeit kam, hielt Nietzsche in Basel eine Vortragsreihe unter dem Titel "Über die Zukunft unserer Bildungsanstalten". Die Texte der Vorträge haben in ihrer Form eine Besonderheit. In den frühen Texten setzt sich Nietzsche normalerweise unmittelbar mit Griechentum und zeitgenössischer Kultur auseinander. Im Gegensatz dazu spielt er aber in unseren Texten durchaus die Rolle des "Erzählers". und teilt seinen Zuhörern die kritischen Gedanken eines alten Philosophen mit, dem er angeblich früher an einem Nachsommerabend als Bonner Student auf einem Berg am Rhein begegnet ist und der offenbar die Meinung Nietzsches selber vertritt. Dank dieser Erzählmethode befreit sich der Autor von der direkten Verantwortung für die vorgetragenen Gedanken, was ihm paradoxerweise ermöglicht, fast ohne Hemmung seine eigne Meinung vor seinen Zuhörern aus den "Eingeweiden" auszusprechen. Was in den Texten steht. z.B. die Naturbeschreibungen, ist so mit der Natur(den Eingeweiden) des Autors selber engverbunden: In Parallelität dazu läßt sich ein Zusammenhang zwischen der nächtlichen Atmosphäre des Berges und der Persönlichkeit des Philosophen feststellen.   

Die Natur erscheint hier aber nicht mit nur einem Gesicht, sondern hat zwei gegensätzliche Gesichter: ein ruhiges und ein stürmisches. Die ruhige Natur hat mit der Atmosphäre auf dem Berg zu tun. ietzsche beschreibt, wie die natürlichen Umstände im Laufe der Zeit immer ruhiger werden, was in der Arbeitskizzenhaft durch drei Zitate belegt wird. Die natürliche Ruhe übt einen so starken Einfluß auf die in der Geschichte auftretenden Personen aus, daß sich ihre Augen allmählich von außen nach innen wenden. Dazu trägt auch die Lehre des Philosophen, wie wichtig für die Bildung das Nachdenken in der Ruhe sei, bei. Die redende Stimme des Philosophen vereinigt sich mit der nächtlichen Atmosphäre, und wird als "Naturmusik" bezeichnet. Die beruhigende "Naturmusik" fängt jedoch nach und nach an. bedrohlich zu klingen. Die Vorträge sind Nietzsche zufolge eigentlich als ein "Herold" für diejenigen bestimmt, die die damaligen pädagogischen Verhältnisse angreifen sollen. Auch die anderen Personen reden, von dem Philosophen ermuntert, fast kämpferisch, was zu der vorherigen Ruhe einen großen Kontrast bildet. Die stürmische Natur vor allem als die Persönlichkeit wird in meiner Arbeit durch einige Zitate über Schiller erläutert, der von Nietzsche gern auf ideale Weise dargestellt wurde. Beide Arten von Natur treten fast fließend wechselhaft auf: Z.B. kommt in der Pause des Schweigens nach der langen kämpferisch gestimmten Rede die Ruhe zur Herrschaft, man fühlt sich da von der atemlosen Nacht umgeben. und lauscht der Naturstille. Nach einiger Zeit fängt man aber wieder durch einen kleinen Anlaß an, auf revolutionäre Weise zu sprechen. Dennoch sollte man einmal die Frage stellen, inwiefern beide Naturen sich gegenseitig akzeptieren: Der Sturm zerstört leicht die Ruhe, während die Ruhe den Sturm nicht ausstehen kann. Sie lassen sich im Prinzip nicht miteinander versöhnen. In diesem Widerspruch besteht jedoch die dualistische Darstellungsmethode Nietzsches, um der wahren Natur so nah wie möglich zu kommen: Dank der streitenden Naturen kann die beschriebene Natur lebendig werden. Der Dualismus im Stil wird zu der frühen Zeit noch nicht so bewußt angewendet wie beim späten Nietzsche. Die Texte beweisen aber, daß er schon zu der Zeit die Denkweise des Schriftstellers bestimmte.
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